Soma M o r g e n s t e r n

Geboren 1890 in Tarnopol, Kronland Galizien (heute Ukraine), gestorben 1976 in New York

Der Freund später berühmt gewordener Männer war völlig verschwunden und vergessen, ehe Mitte der 1990er Jahre Manuskripte mit Erinnerungen aus dem Nachlass verlegt wurden:
— Joseph Roths Flucht und Ende (1994)
— Alban Berg und seine Idole (1995)

Die Fans von Joseph Roth werden vermutlich zahlreicher sein, als jene von Alban Berg. Auch ich habe das Berg-Buch erst jetzt gelesen, das Roth-Buch bereits vor sechs Jahren.

Das Roth-Buch ist die Geschichte des Pariser Exils, wo Soma (eigentlich Salomo, Namensänderung nach der Promotion 1921) Roth wieder getroffen und sogar im selben Hôtel de la Tournon wie dieser gewohnt hat, sozusagen Roth intim. Das erste Zusammentreffen der beiden Ostjuden lag da beinahe dreißig Jahre zurück.

Ganz anders ist das Berg-Buch gestrickt, es sollte Pflichtlektüre für Interessierte an Musiker-Biografien in gleicher Weise sein wie für jene an der Wiener Kultur der 1920er und 30er Jahre. Morgenstern lernt Berg im Sommer 1923 kennen, ab Herbst 1927 waren sie per Du, damals keine Voraussetzung für den freundschaftlichen Umgang.
Heute wird man sogar im Supermarkt vom Kassier geduzt.

Was den Kontakt der beiden intensivierte waren deren eng beieinanderliegenden Wohnungen im XIII., Trauttmannsdorffgasse 27 und 34, gewissermaßen über die Gasse. Seine Frau Inge, die Tochter des dänischen Dirigenten Paul von Klenau, hat Soma Morgenstern 1924 bei Alban und Helene Berg kennengelernt.

Geheiratet wurde im Sommer 1928, Sohn Dan kam 1929 zur Welt, er blieb das einzige Kind und wurde Musikjournalist für Jazz. Lange Zeit war er Redakteur des renommierten Jazz-Magazins Down Beat. Inge überlebte Soma Morgenstern um 14 Jahre und starb 1990 in New York.

Ab 1930 schrieb Morgenstern an der Romantrilogie „Funken im Abgrund“:

  1. Bd. 1935, „Der Sohn des verlorenen Sohns“
  2. Bd., 1947, „Idyll im Exil“
  3. Bd., 1950, „Das Vermächtnis des verlorenen Sohns“.
    Leider ist der erste Band des Nachdrucks (Verlag zu Klampen, 1996) nicht mehr lieferbar.

Soma Morgenstern hat nach seiner Flucht mit der letzten Eisenbahn, die 1938 noch ohne Schikanen nach Paris abfuhr und Exil in den USA Europa dreimal besucht.
1950 mit einem Besuch seiner Schwester Klara in Palästina, seine Mutter und zwei Geschwister wurden in der Shoa ermordet.
1957 und 1968 mit der längsten Aufenthaltsdauer von fünf Wochen in Wien.

Er gehörte zu den Wenigen, die 1918 die Spanische Grippe überlebten, sie warf ihn auf dem Rückweg von der Front drei Monate aufs Krankenlager.

Veröffentlicht von Gerhard Hintringer

Liebhaber österreichischer Literatur, der sein Steckenpferd gerne mit anderen teilt. https://www.facebook.com/ghintringer

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